Der „Fall Pechstein“: Was bedeutet das Urteil des OLG München für die Schiedsgerichtspraxis?

February 26, 2015

Am 15. Januar 2015 hat das OLG München (U 1110/14 Kart) seine mit Spannung erwartete Berufungsentscheidung im Fall „Claudia Pechstein“ verkündet und darin nach deutschem Recht die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung zwischen der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein und dem in der Schweiz ansässigen Eisschnelllaufweltverband (ISU) bestätigt. Darüber hinaus hat es – anders als noch die Vorinstanz – den die Dopingsperre Pechsteins bestätigenden Schiedsspruch des Court of Arbitration for Sport (CAS) wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public für nicht anerkennungsfähig befunden und damit der Athletin den Weg für eine inhaltliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Dopingsperre vor deutschen staatlichen Gerichten geebnet. Die ISU hat gegen das Urteil Revision eingelegt, der BGH wird mithin in dieser Angelegenheit das letzte Wort zu sprechen haben.

In der Tages- und Fachpresse fand die Entscheidung wegen der befürchteten globalen Auswirkungen auf das System der internationalen Sportschiedsgerichtsbarkeit ein breites Echo. Vom „Ende der Sportschiedsgerichtsbarkeit“, der „Erschütterung des Sports“ und einem „Angriff auf die Sportjustiz“ war selbst in der als seriös geltenden Presse die Rede.

Unter Zugrundelegung der kürzlich bekannt gewordenen Urteilsgründe zeigt sich indes, und dies ist Gegenstand der nachfolgenden Diskussion, dass die öffentliche Besorgnis zum größten Teil unbegründet ist. Das OLG München hat keineswegs die Legitimität des Systems einer einheitlichen Sportschiedsgerichtsbarkeit an sich in Frage gestellt, sondern kritisiert ganz konkret die Regelungen des CAS über die Bildung des Schiedsgerichts, die seiner Auffassung nach die Konstituierung eines neutralen CAS-Schiedsgerichts nicht garantierten. Es zeigt konkrete Wege auf, wie die seiner Meinung nach bestehenden Defizite beseitigt werden können, um für die Zukunft eine Sportschiedsgerichtsbarkeit zu gewährleisten, die für alle beteiligten Akteure verbindlich ist.

Für die Handelsschiedsgerichtsbarkeit ist das Urteil zumindest für Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung lehrreich, da nunmehr nicht mehr ausgeschlossen ist, dass ihre Schiedsvereinbarungen vor deutschen Gerichten einer kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle unterworfen werden. Da sich die vom OLG empfundenen Mängel des CAS-Systems in Bezug auf Bildung des Schiedsgerichts im Bereich der institutionellen Handelsschiedsgerichtsbarkeit aber weniger finden werden, dürfte sich die praktische Relevanz des Urteils für diese (vorerst) in engen Grenzen halten.

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